Was uns gut tut

Im vorhergehenden Post haben wir hauptsächlich darüber gesprochen, was schlecht für uns ist. Doch es ist ebenso angebracht, über die Dinge nachzudenken, die allgemein dafür bekannt sind, dass sie gut für uns sind.

Leider gibt es nichts auf dieser Welt – oder es ist mir jedenfalls nicht bekannt –, das für alle gut ist, immer, in jeglicher Art der Anwendung, der Menge und der Häufigkeit: kein Training, keine Handlung, keine Betätigung der Welt; keine Speise, kein Getränk, kein Aspirin und keine Strahlung; kein Gefühl, keine Emotion, keine Form der Meditation.

Wir sind vielschichtige und wandelbare Geschöpfe, uns selbst niemals gleich; wir haben – in verschiedenen Augenblicken und Phasen und manchmal auch gleichzeitig – unterschiedliche Bedürfnisse und Gefallen, die einander manchmal widersprüchlich gegenüber stehen: Wenn wir frieren, gefällt uns die Wärme, wenn uns heiß ist, suchen wir die Kälte; wenn wir Hunger haben, finden wir Gefallen daran, zu essen, wenn wir sehr satt sind, bereitet uns schon der Gedanke an Essen Unbehagen; wenn es uns an Flüssigkeit mangelt, brauchen wir Wasser, doch wenn wir hyperhydriert sind, kann uns Wasser sogar schaden. Es gibt Gedanken, die zu denken sehr schön und nützlich ist, doch ein Gedanke, der zum Zwang wird, hilft uns nicht mehr mehr dabei, zu wachsen.

Um ein etwas komplexeres Beispiel zu machen: Im medizinischen Bereich gibt es den typischer Fall, dass eine Person angibt, an Kalziummangel in den Knochen zu leiden, doch indem sie mehr Kalzium zu sich nimmt (durch Nahrungsergänzungsmittel oder auf dem Wege der Ernährung) erkrankt sie an Nierensteinen[1], ohne dass der Kalziummangel in den Knochen auch nur minimal kompensiert worden wäre.

Sich psychophysiologisch zu kräftigen ist eine außerordentliche Sache, doch es gibt eine optimale Menge, Intensität und Häufigkeit, über die hinaus diese Übungen uns erschöpfen, statt uns zu vervollkommnen. Ich erinnere mich noch an eine amerikanische Triatlethin, die ich beriet und die sehr verblüfft war, als ich ihr zum ersten Mal vorschlug, das Training zu reduzieren, wenn es auf einen Wettkampf zugeht: Für sie war das eine absurde Idee, schien es ihr doch, dass man umso stärker würde, je mehr man trainiert.

Genauso simplifizierend ist die Überlegung dessen, der, wenn er einmal beschlossen hat, dass eine bestimmte Gruppe von Lebensmitteln schlecht für ihn sei, diese Lebensmittel definitiv von seinem Speiseplan streicht. Auch in diesem Fall erinnere ich mich an jemanden: Einen jungen Vater, dürstend nach Erkenntnis und Ganzheitslehre, dessen Traum es war, seinen Sohn in größtmöglicher Reinheit großzuziehen: Nur gute Luft, Quellwasser, absolut biologische, frische und unbehandelte Lebensmittel; keinerlei Chemie, Impfungen, Duftstoffe; kein Fernsehen, Leben an der frischen Luft, gesunde Bewegung.

Ein solches Programm ist für eine Gemeinschaft geeignet, die in Abgeschiedenheit miteinander nach diesen Prinzipien lebt (und selbst so wäre es nötig, zu überprüfen, wie das umgesetzt würde): In allen anderen Fällen schafft es ein schlecht angepasstes Individuum, das vor allem von schwacher Gesundheit ist und Gegenstand potenzieller gewaltsamer Reaktionen wird, sobald es versehentlich mit einer der Substanzen in Kontakt kommt, die über Jahre so sorgfältig vermieden wurden. Dieses Individuum käme auch in Kontakt mit Personen, Dingen, Situationen, die es notwendigerweise dazu bringen würden, dem eigenen Lebensstil widersprechend zu handeln; und es ist nicht wahr, dass ein „reiner“ Lebensstil uns kräftigt: Ein „reiner“ Lebensstil, gegenüber einem „schmutzigen“ (?), spezialisiert uns, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.

In anderen Worten, wenn wir auf eine bestimmte Art und Weise leben, müssen wir lernen, daraus das Beste herauszuholen, indem wir der Dynamiken Herr werden und sie nicht ablehnen. Oder wir können – falls wir es schaffen – aus ihnen ausbrechen und dabei ziemlich übel zugerichtet werden.

Um beim Essen zu bleiben: Ein Lebensmittel, das umso besser für uns ist, je mehr wir davon essen, gibt es leider nicht: Die Zauberkraft wohnt nicht dem äußeren Bestandteil inne, dem Essen oder der Arznei (das dementsprechend zum Wundermittel würde), sondern liegt in der Optimierung: Also indem wir den Erfordernisse des Momentes im Hinblick auf unsere Ziele und Pläne nachkommen.

Denkt darüber nach, ihr werdet kein Lebensmittel (Wasser eingeschlossen) finden, für das es, unserem Momentanzustand gemäß, kein physiologisches und psychologisches Optimum gäbe, über das hinaus jeder Nutzen verebbt und stattdessen Probleme aufkommen. Selbst mit Fisch, dem edelsten und unserem Stoffwechsel ähnlichsten Eiweiß, sollte man es nicht übertreiben: Äße man über Jahre hinweg dreimal am Tag Fisch, würden sich verschiedene schlechte Angewohnheiten des Stoffwechsels ergeben, Ermüdungen, Hyperspezialisationen der Enzyme, der Koenzyme, der Hormone… ohne die Tatsache mit einzuberechnen, dass, wenn wir immer nur Fisch essen würden, kein Platz für anderes bliebe und wir deshalb wohl oder übel auf die optimalen Anteile vieler anderer Nahrungmittel verzichten müssten, die doch auch wichtige Funktionen haben.

Es versteht sich von selbst, dass man, wie man allein von Beeren und Früchten leben kann, wahrscheinlich auch nur von Fisch leben kann… Hier reden wir allerdings von Lebensqualität, nicht von bloßem Überleben.

Wir werden noch die Gelegenheit haben, mit vielen Einzelvertiefungen auf die Ernährung zurückzukommen. Vorläufig wünsche ich euch gute und optimale Vielfalt :)


[1]aus Kalzium, Anm. d. Übers.

ins Deutsche übersetzt von Elisabeth Becker
Bild: Totò — mit freundlicher Genehmigung von luigidelia.it

 

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